Samstag, Januar 21, 2006

Boah Alter, ich geh kaputt.

Bis jetzt hab ich ja immer noch gedacht, ich stell mich an und muss viel tapferer sein, aber inzwischen heulen auch die Aussies und deswegen darf ich auch: ES IST WAAAARM HIER.
Letztes Jahr haben sie mir noch alle was erzählt vom schlechtesten Sommer seit Jahren, diesmal gerate ich ausgerechnet in die Hitzewelle des Jahrhunderts. Heute sind bis 43 Grad angesagt. Gestern hat South Australia den historischen Stromverbrauchs-Rekord von 2001 gebrochen, weil Leben eigentlich nur noch in unmittelbarer Nähe einer Klimaanlage möglich ist. Was natürlich eine außerordentlich gesunde Veranstaltung ist, bei 40 Grad die Straße lang zu gehen und an jeder Ladentür einen arktischen Luftstrom ins Gesicht zu kriegen, als würden da Gletscher verkauft. Irgendwie hab ich jeden Abend das Gefühl eine richtig fette Erkältung zu entwickeln... Dabei hab ich meine Air Condition auf zivile 30
Grad eingestellt. Dadurch geht sie wenigstens nachts mal aus und der Temperaturschock ist nicht gar so übel.
Kurioserweise ist das beste, was man bei dem Wetter machen kann, Rad fahren. War grad drei Stunden am Meer in Glenelg. Wenn man da bei leichter Brise immer schön langsam am Strand langgondelt kann man's richtig gut aushalten. Nur wenn man an ner Ampel in der Sonne stehen bleiben muß wird's bitter.
Genau deshalb bauen die Aussies am Strand auch keine Burgen und mieten keine Strandkörbe. Geld verdienen könnte man hier allenfalls mit dem Vermieten von Plätzchen unter der Brücke

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Der Weg zurück in die Stadt war dann ohne kühlende Brise wieder an der Grenze zur Quälerei. Ich war schon kurz davor, durch nen Baumarkt zu bummeln, nur weil der klimatisiert ist... Dafür war's aber wiederum lehrreich. Ich hab nämlich mit nem Rennradkollegen über meinen kleinen Ausflug nach Hahndorf geplaudert und dabei hat er mich auf einen ungeheuerlichen Schwindel aufmerksam gemacht: Die ganze Deutschtümelei in the Home of the famous Mettwurst steht auf tönernen Füßen. Der olle Onkel Hahn nach dem das Dorf benannt ist, war nämlich mitnichten Mecklenburger Mettwursterzeuger oder Badenser Bratwurstbieger, sondern der dänische Kapitän eines Auswandererschiffes.
Da werden sich die Hahndorfer in den letzten Jahren ganz schön ins Bein gebissen haben, dass sie aus dieser Connection nicht auch ein bisschen Kapital geschlagen haben. Dänemark steht hier unten derzeit schließlich etwas höher im Kurs als Dschörmänny, seit die Aussies den Dänen erst eine Prinzessin und jetzt auch noch einen Thronfolger geliefert haben. Die Zeitungen berichten jedenfalls zur Zeit ganzseitig über die bevorstehende Taufe des kleinen Dänenprinzen - und die Spekulationen gehen dahin, dass er den schönen Namen Christian bekommt. Hmmm, ob da was geht? "Kiss me, i have the name of the prince..." I klammer myself on a Strohhalm :-)
Egal. Hauptsache die Kollegen drehen hier bald mal ihre nationale Heizung ab. Der Wetterbericht behauptet, morgen soll's schon ein bissl kühler werden und Montag sind frostige 30 Grad angesagt.
Würde passen. Morgen gibt's die Schlussetappe der Tour Down under, und am Montag geht's dann endlich los Richtung Melbourne.

Jugend forscht...

Unter den vielen Geschichten, die ich über den Unterschied zwischen Nordhalbkugel der Erde und Südhalbkugel gelesen hab, stimmen die meisten (Sonne mittags im Norden - klar), aber die Sache mit dem Abfluss, die hab ich noch nicht hinreichend geklärt. Angeblich dreht sich hier auf der Südhalbkugel der Strudel im Waschbeckenabfluss in die andere Richtung als deheim auf der Nordhälfte der Erde. Liegt an der Erddrehung - Streber sagen Coriolis-Kraft. Dann hab ich wiederum gelesen, das sei Blödsinn, alles Zufall oder abhängig von der Form des Waschbeckens.
Hmmm. Wollte ich letztes Jahr schon überprüfen, hab aber sowohl zuhause als auch hier unten vergessen nachzugucken. Nun hab ich vorhin ein hochwissenschaftliches Experiment gemacht - Stopfen ins Becken, Wasser rein und ein Papierschnipsel, um die Drehrichtung zu sehen. Drei Versuche, dreimal lief der Strudel im Uhrzeigersinn aus dem Becken. Und bei Euch?

Freitag, Januar 20, 2006

Yodda Yodda

Heut war ich ganz unverhofft im Museum. Eigentlich wollt ich nur frühstücken und ein bisschen in der Stadt spazieren, aber da war's dann schon wieder so heiß, dass ich dringend ein klimatisiertes Plätzchen brauchte. Da kam das Museum of South Australia grade recht. Und wo ich schon mal da war, hab ich in der Abteilung für Eingeborenen-Kunst auch noch kurz einen wissenschaftlichen Durchbruch erzielt. Da liegen doch in einer Vitrine "Yoddas" - komisch geformte Steine, von denen bisher nicht genau bekannt war, wofür die Aboriginees sie benutzt haben. Dabei genügt doch ein genauer Blick auf den "Yodda".

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Hier zum Vergleich ein Blick auf einen modernen Yodda

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Der australische Ureinwohner, seit Menschengedenken ein begeisterter Radsportler? So wurde offenbar schon vor tausenden von Jahren mit aerodynamischen Lenkerformen experimentiert.

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Hier ein Elf-Speichen-Aero-Laufrad - der Anordnung der Straße nach zu urteilen hauptsächlich für Bergzeitfahren verwendet.

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Zeitgenössisches Kartenmaterial lässt vermuten, dass die Streckenführung der damaligen Rennen recht komplex war

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Dafür sind die Zuschauer praktisch bis heute unverändert

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Man beachte die magentafarbene Ausrüstung des mittleren Fans, der seit nunmehr 8437 Jahren darauf wartet, dass Jan Ullrich ohne Übergewicht, Erkrankungen, Drogenprobleme und Rudy Pevenage nochmal die Tour de France gewinnt.

Donnerstag, Januar 19, 2006

Welcome to the home of the famous Mettwurst

Und da gibt's nu gar nix zu lachen. Das ist der toternste Werbeslogan der Firma "Wurstmeister" in Hahndorf, South Australia. Hahndorf ist - wie gestern schon erwähnt - von deutschen Einwanderern gegründet und mit dieser hübschen Tradition macht man heute eben Tourismusumsatz.

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Alle deutschen Errungenschaften werden in dem putzigen Dorf gepflegt. Es gibt Kassler mit Kraut, Bratwurst im Brötchen, the famous Mettwurst und einen schnuckeligen Minenwerfer Kaliber 50cm als Beutestück aus dem zweiten Weltkrieg. Außer Mettwurst und Oktoberfest haben wir ja auch in Sachen Weltkrieg eine gewisse Tradition...

Heute war natürlich eher undeutsch beflaggt in Hahndorf - Tour Down Under. Gleich drei Ortsdurchfahrten des Feldes - aber ohne Leinwandübertragung kriegt man ehrlich gesagt nicht viel mehr mit als dreimal "ssssssst"

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Immerhin hat am Ende mit Alan Davis wieder mal ein Australier gewonnen, Die Gesamtführung hat auch ein Australier vom Team AG2R, von dem ich noch nie gehört hab, so war zumindest für Stimmung gesorgt.

Ich dagegen hätte mir den Ausflug ehrlich gesagt besser sparen sollen. Ist nicht so schlau, am zweiten Tag eine 85km-Tour zu machen, wenn zwischendrin ein Pass mit über 700 Metern liegt. Das bietet zwar ein paar hübsche Aussichten,

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(Das Haus mit diesem lauschigen Plätzchen ist übrigens grad zu verkaufen) aber eben auch für ganz schön dicke Beine. Die 700 Höhenmeter zu dem Berg mit dem putzigen Namen Mount Lofty gingen noch ganz gut, weil recht gleichmäßig, aber danach kamen noch ein paar üble Anstiege und Temperaturen Richtung 40 Grad. Als ich in Hahndorf war, gab's eigentlich schon nur noch die Alternative nen Bus für die Rückfahrt oder ein Hotelzimmer zu finden. Leider haben mich ein paar Nudeln, ein Sandwich und ein paar Liter Wasser bewogen dann doch noch die 30 km Rückfahrt anzutreten.
Gleich am Ortsausgang überholen mich ein paar Radfahrer und siehe da: Fast das komplette Profiteam von Credit Agricole auf dem Heimweg ins Hotel. Wenn man schon mal die Gelegenheit hat in einer Gruppe mit Leuten wie Thor Hushovd, Jan Kirsipuu und Julian Dean zu fahren, dann macht man das natürlich auch... auch wenn man wissen sollte, dass die selbst nach nem 150km-Rennen auf dem Weg zur Massage noch schneller nen Berg hochfahren, als ich das in Bestform tun sollte...
Von da an ging's dann bergab. Leider nur mit mir und nicht mit der Straße. Immer schön noch eine Welle hoch und noch eine, bis ich fast vom Rad gefallen bin. Soviel, wie man dabei als wintergestählter Europäer ausschwitzt kann man gar nicht trinken. Also immer mal wieder im Schatten sitzen, ein Stück schieben, kurze Abfahrt und wieder einen Anstieg hoch. Erst zehn Kilometer vor Schluß ging's dann richtig runter - schön steil gut befahren....brrrr. Eigentlich nicht zu fassen, dass es mir - kaum aus der Dusche raus - schon wieder ganz passabel geht. Jedenfalls in diesem Sinne schöne Grüße an die Experten, die finden, ich hätte morgen beim Jedermannrennen antreten sollen. Da weiß ich jede Menge bessere Ideen - und die haben alle mit den Wörtern "Schatten", "sitzen" und "Bier" zu tun. Oder ich ess halt ne famous Mettwurst...

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Ach ja, falls jemand einen Vertreter der Firmen Adidas oder VDO kennt, schönen Gruß, die können ihre Produkte in geeigneten Körperöffnungen platzieren. Mein VDO-Tacho hat fast ein Jahr brav gearbeitet, aber schon auf dem Herflug mal kurz alle Speicher gelöscht und eine undefinierbare Zeitzone eingestellt - Kälte, Druck, Röntgenbestrahlung, was auch immer. Mein Adidas-Trikot letztes Jahr hatte sich damals im Laufe der Tour in seine Bestandteile aufgelöst und wurde auf die Reklamation hin gegen ein neues Exemplar eingetauscht, das nun nach jedem Ausspülen neue lustige Farbmuster entwickelt. Geht doch nix über Markenmaterial :-))

Mittwoch, Januar 18, 2006

Jetzt geht's lohoos

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Heute waren die ersten 65 Radkilometer dran. Morgens noch mit ein paar Wolken und nicht ganz so heiß und immer schön bergab Richtung Strand, das lief richtig prima. Bin dann an der Küstenstraße lang mit ein paar Jungs aus Melbourne gefahren, die für das mir so hartnäckig ans Herz gelegte Rennen am Freitag trainieren, was natürlich zur Folge hatte, dass ich -äh - "etwas schneller" unterwegs war als eigentlich geplant. Auf dem Rückweg mit mittlerweile wieder 35 Grad und wieder leicht bergauf Richtung Innenstadt wurd's dann entsprechend mühselig. Außerdem ist Adelaide bei aller Tour-Down-Under-Euphorie nicht so wirklich toll zum Rad fahren in der Stadt. Ich fand trotzdem, dass ich mich gut gehalten hab. Auf dem Weg zum Hotel lachte mich dann aus einer Seitenstraße der vertraute Schriftzug "Beck's" an. Pflichtbewußt hab ich das dann natürlich mal genauer recherchiert. Fünf Euro das Fläschchen, aber nachdem ich vorher schon drei Liter Wasser auf 65km verbraucht hab (Saufen wie ein Achtzylinder und fahren wie Ommas Isetta) ein kleiner Traum. Zurück im Hotel wollte ich dann nur kurz die Augen zu machen und bin drei Stunden später vollkommen desorientiert wieder aufgewacht - war wohl doch anstrengender als gedacht.

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Mal sehen, wie ich das morgen überstehe. Statt Meer gibt's dann ein paar Berge. Sofern ich die Kraxelei auf die Reihe kriege, geht's zur nächsten Etappe der Tour Down Under nach Hahndorf. Endlich mal ein Ortsname, den man aussprechen kann. 1839 von deutschen Einwanderern gegründet und laut Reiseführer ganz lauschig. Blöd nur, dass es auf dem Weg dahin mächtig bergauf geht.

Übrigens ist es mir bislang überraschenderweise gelungen, den eigentlich unumgänglichen Sonnenbrand zu vermeiden. Immer brav Sonnenschutzfaktor 30 und auf der Straße "australische Taktik": Die Leute drängen sich hier unter die Vordächer, als würd's aus Kübeln regnen. Selbst vor roten Ampeln steht man ungern am Straßenrand, sondern lieber mit dem Rücken an der Hauswand, die noch 40 Zentimeter Schatten wirft.

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Dienstag, Januar 17, 2006

Robbbbiiiiieeeee!

für den R. Williams interessiert sich hier zur Zeit kein feuchter Hund. R. McEwen ist der Held, denn seit heute ist Tour Down Under - Australiens größtes Radrennen. Streng genommen Australiens einziges Radrennen, das international von irgendeinem Belang ist und mit jeder Menge Profiteams am Start - für "uns" das neue Team Milram.
Und weil dem Aussie seine Tour Down Under genauso wichtig ist, wie dem Franzosen seine Tour de France, gibt's sogar eine echte Werbekarawane.

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Die Werbekarawane hatte dann auch gleich meinen neuen Freund dabei

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Aerodynamisch schon perfekt und bei den Oberschenkeln würde ich sagen "klassischer Sprintertyp".
Zum Rennen würde ich sagen "klassisches Kriterium". Zwei Kilometer Rundkurs, 25 Runden zu fahren, alle fünf Runden Sprintwertung und anschließend weiß man, warum man Radrennen besser im Fernsehen anguckt. Ich hatte sogar noch eine gute Stelle ausgesucht, aber mehr als ein "ssssssssst" pro Runde kriegt man irgendwie nicht mit. Den Rest dann immerhin per Großleinwand.

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Gewonnen hat natürlich Robbie McEwen. Das ist so Tradition, das freut die Leute auch und das ist dann vermutlich auch die Erklärung, warum ausgerechnet "unsere Jungs" von Milram ihm mustergültig den Sprint angefahren haben. Sah irgendwie aus, als müssten die Milchmännchen das mit der Taktik noch ein bisschen üben.
Richtig niedlich war dann wieder die Siegerehrung in einem leicht zerknitterten orangefarbenen Zelt. Da jeder Sponsor zu seinem Recht kommen will, wurde jeder Zwischensprintsieger ausgiebig gefeiert - mit Blumenübergabe, Küsschen, Handschlag vom Bürgermeister, Generaldirektor oder Minister XY und allem Pipapo. So musste auch dieser mir vollkommen unbekannte Liquigas-Fahrer einen Scheck über sage und schreibe 400 Euro entgegennehmen, weil er in der 20. Runde als erster über den Zielstrich gefahren ist.

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Ein Moment, den er in seiner Karriere als Berufsradfahrer sicher nie vergessen wird. Und weil Preisgelder ja innerhalb der Mannschaft aufgeteilt werden, dürften die Italiener noch ein rauschendes Fest gefeiert haben. Vielleicht trauert er aber auch ein bißchen den Zeiten hinterher, als er beim Amateurrennen "Rund um die Mülltonne" in Pescara eine Bohrmaschine und ne Flasche Lambrusco abgeräumt hat.
Ab morgen geht die Tour erstmal raus auf's Land, aber spätestens am Sonntag bin ich wieder dabei. Dann geht's zur Schlussetappe wieder auf einen viereinhalb Kilometer Rundkurs hier vorn um's Eck. Hab ich mir heut schon angeguckt. Ansteigende Zielgerade. Das ist eine Ankunft, die dem Ete Zabel auf den Leib geschneidert wäre, oder was meins Du Rudi?

Ach ja und nochmal tausend Dank für's fleißige Kommentieren. Da macht das hier doch gleich doppelt Spaß. Auch wenn irgendein mysteriöser Nicht-Radfahrer immer noch versucht, mich zu diesem Rennen zu überreden... oder gar zu Mammut-Touren ohne Hoffnung auf Wiederkehr. Vielleicht ist das ja Euer heimliches Ziel...hehe.

Scotty: Volle Energie auf alle Systeme

Die Mission Apollo 13,5 hatte kurzfristig Probleme mit der Energieversorgung. Ausgerechnet mein guter alter "Alles-auf-alles"-Stromadapter, der letztes Jahr so brav war und anschließend ein ganzes Jahr meinen Hong-Kong-iPod gefüttert hat, mag mit den Steckdosen hier im Hotel nicht spielen. Und da mein Gepäck zu mehr als der Hälfte aus Elektronikspielzeug besteht, musste diese Situation als hoch kritisch eingestuft werden. Glücklicherweise bin ich als Waldläufer und Eingeborener h.c. darin geschult, nicht nur auf Mitgebrachtes zu vertrauen, sondern mit dem zurecht zu kommen, was das Land und die Natur mir zu bieten haben. Also wollte ich schnell Nachschub kaufen.
Im ersten Laden wundere ich mich noch, dass das Licht schon halb aus ist und die Bedienung grad die Werbetafeln reinräumt - wieso machen die um halb sechs schon zu? Todesfall in der Familie? Nee, nebenan ist auch schon dicht und von einem Massensterben beim Einzelhandelsverband Adelaide ist nichts bekannt. Die Kamerdaden machen hier fast alle um halb sechs Feierabend. Jeden Abend. Wir diskutieren über Ladenschlussgesetze und die klappen auch ohne einfach am hellichten Tag in der Fußgängerzone die Bürgersteige hoch.
Gott sei dank, rettet einen in solchen Krisenzeiten immer die deutsche Eiche im Wald der Kaufparadiese: Woolworth. Ein ganz neues australisches Sprichwort sagt seit heute: "Hat der Aussie nix zu hoffen, die Wolli hat bestimmt noch offen". Neuen Adapter gekauft und schon ist wieder Saft in der Bude.
Einen verkaufsbereiten Radladen hab ich dann auch noch gefunden und so steht dem ersten Radausflug morgen nichts mehr im Wege.

Himmel über Australien

Für alle, die die bewegende Dokumentation bei Sat.1 verpasst haben sollten, hier die aktuelle Wahrheit. Wenn ich den Kopf auf die Fensterbank lege und zwischen Parkhaus und dem Nachbarhotel hochgucke, kann ich ihn nämlich sehen, den Himmel.

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Das sieht jetzt ein bißchne sehr trist und tragisch aus, aber bevor etwa Mitleid aufkommt sei gesagt, ich hab noch ein zweites Fenster. Da sieht man sogar ein bisschen mehr Himmel, aber das Fenster geht nach Südosten und da brät sowas von die Sonne drauf, dass ich lieber die Vorhänge nicht anfasse...
Ich bin also da. In Adelaide, genau am anderen Ende der Welt. Wie im letzten Jahr schon festgestellt, hängt man hier nicht mit dem Kopf nach unten, es ist nicht alles voller Känguruhs, aber dafür ist tatsächlich Hochsommer. Gestern Abend bei der Ankunft in Sydney war ich noch ein bißchen entsetzt, als ich rausgucke und es regnet. Dafür waren's da aber schon gute 25 Grad, und das um halb elf. Heute früh dann ein gemütlicher Zwei-Stunden-Flug nach Adelaide und schon ist kein Wölkchen mehr am Himmel zu sehen und es hatte um halb zehn schon 35 Grad. Bis 40 sind für's Wochenende wohl vorhergesagt - da werd ich das mit dem Rad fahren mal schön langsam angehen. Könnte dafür ganz lustig werden in dieser Woche, denn am Flughafen sah's ein bißchen aus, wie auf Mallorca im März. Zur Tour Down Under sind wohl noch en ganze Menge mehr Menschen auf die Idee verfallen mit dem Rad nach Adelaide zu kommen.

Mein Zeitverschiebungsexperiment hat sich bislang auch bewährt. Gleich nach dem erschummelten Bier in Hamburg hab ich einfach schon mal meine Uhr auf australische Zeit eingestellt und versucht im Flieger ien bisschen danach zu schlafen. Natürlich hat das nicht so reibungslos geklappt, wie ich mir das mal vorgestellt hatte, aber immerhin hab ich letzte Nacht in Sydney schon mal ien paar Stunden ganz regulär geschlafen.

Jetzt pack ich erstmal die Sonnencreme aus und bereite eine erste Aufklärungsoperation vor, um die Infrastruktur zu sichern: Ein Internetcafe, eine Futterstelle und ein Bottle-Shop müssen her... Bis später

EDIT: Aktuelle Meldung der Abteilung Aufklaerung: Internet-Cafe 50 Meter, Bottleshop 70 Meter, McDonalds schraeg gegenueber... bis Ostern ist die Existenz gesichert ;-))

Die gekämmte Schlange

Noch nicht mal raus aus Hamburg hab ich schon was über moderne Technik gelernt, die unser Leben so viel einfacher macht. Früher stand man am Flughafen in langen Schlangen vor den Abfertigungsschaltern und hat darauf gewartet, dass mehr oder minder attraktives Fachpersonal der Fluglinie die Tickets in Bordkarten verwandelt und das Gepäck in den Flughafenabgrund gestürzt hat. Heute gibt es elektronische Tickets, Eincheckautomaten und "Quecombing", zu deutsch "Schlangenkämmen".
Statt hinterm Schalter zu sitzen, rennt die Hälfte des Fachpersonals neuerdings an der Schlange lang und sucht nach Passagieren mit elektronischen Tickets. "Nö", sag ich, "meine sind aus Papier". Falsch gedacht. die Magnetstreifen hinten drauf qualifizieren mich für den Gebrauch der Eincheck-Automaten, von denen ich immer dachte, die seien nur für Vielflieger, die aus ihrem Bonusmeilen-Umsatz eine vierköpfige Familie und die blutjunge Sekretärin finanzieren.
Ungefähr die Hälfte der Passagiere hat solche Tickets. Da aber kein Mensch mit diesen Automaten umgehen kann, endet das Ganze damit, dass wir wieder in Schlangen vor den Damen von der Einchecktruppe stehen. Nur, dass die nicht mehr hinter ihrem Schalter sitzen, sondern jedem einzeln das Händchen am Automaten führen und uns anschließend zum Gepäck-einchecken doch wieder um Schalter schicken.
Der einzige augenscheinliche Vorteil dieses Verfahrens ist, dass man dem Eincheckpersonal neuerdings auf die Beine glotzen kann - was bei British Airways nur eingeschränkte Euphorie auslöst. Schneller geth das erst, wenn unsere Kindeskinder gelernt haben, was der Magnetstreifen auf dem Ticket bedeutet, und wie man mit diesen Automaten umgeht..

Im Abflugterminal hab ich dann ein ganz neues Experiment in Sachen Jetlag gestartet. Unschlüssig stand ich um 6 Uhr früh vor der Bar, als mir einfiel: "hey, bei zehn Stunden Zeitverschiebung ist es in Australien jetzt schon vier Uhr Nachmittag" - und ein Bier um vier kann im Urlaub doch niemand verwehren. Das nämlich ist die Sonnenseite der Globalisierung. "Irgendwo geht immer die Sonne auf", wirbt CNN, "irgendwo ist es immer vier", weiß er weltläufige Holsten-Trinker. Also Prösterchen. Auf einen gesunden Formaufbau unter australischer Sonne...