Sonntag, Februar 12, 2006

Die Rache der europäischen Zunge

Eigentlich bin ich ja extra in dieses Land gefahren, weil ich so halbwegs die Sprache spreche, also meinen Urlaub nicht mit improvisierten Pantomime-Vorführungen verbringen muss, nur um ein Butterbrot zu kaufen. Butterbrot geht auch ganz prima, alles, was kulinarisch danach folgt, kann sich aber schon mal schwierig gestalten.
Das beginnt schon beim Frühstück. "Eggs & Bacon" schreiben die Australier auf die Speisekarte, aber kaum hat man's bestellt, folgt schon die freundliche Nachfrage, wie man denn die Eier möchte. "Gekrault", ist man versucht zu brummen, aber was genau heißt das auf englisch? Und funktioniert der blöde Witz dann auch noch, oder handelt man sich bloß eine Ohrfeige ein?
Dabei ist die Eier-Frage noch einfach. Je besser das Essen, desto komplizierter die Speisekarten und die Fragerei. Da gibt's dann Irgendwas "tossed" in irgendwas anderem, oder "battered" mit sonstwas. Und kaum hat man bestellt, geht die Restaurant-Quizshow wieder los.
Ist die Bedienung süß, sag ich einfach immer "yes", in der Hoffnung, dass eine der Optionen Körperkontakt erfordert. Bislang hat mir das statt erotischen Abenteuern allerdings bloß Sardellen im Salat und den bereits erwähnten Tsatsiki auf dem Lachs eingehandelt - vielleicht einfach die falsche Strategie...
Ein besonderes Highlight sind in dieser Beziehung asiatische Restaurants. Da hat man dann den zusätzlichen Nervenkitzel, dass die Bedienung klingt, als hätte sie erst vorgestern an der Volkshochschule Hanoi den Kurs "Laute erzeugen, die klingen wie englische Sprache" abgeschlossen. Ungefähr so muß es gewesen sein, damals in der Baustellenkantine beim Turmbau zu Babel.
Europäisch orientierte Restaurants bieten dagegen endlich die Chance, zurück zu schlagen. Auch in Australien ist eine Pizzeria nur authentisch, wenn die Speisekarte voll mit italienischen Begriffen ist. Aber während Wörter wie "Capuccino" oder "Macchiato" hierzulande längst gängig sind, kann die lautmalerische Entsprechung von Dingen wie "Spaghetti Matricchiana" oder "Pizza Quattro Stagioni" schon mal für Verblüffung sorgen. Sowas konnte der Begründer des Restaurants, Don Luigi Di Minestrone noch aussprechen, als er 1953 auf der Flucht vor der sizilianischen Mafia nach Australien kam, heute aber bedienen hier Jill, Kate oder Chuck.
Selbstverständlich spreche ich genauso wenig italienisch wie Chuck, aber das weiß er ja nicht. Und deshalb genügt ein möglichst fremdländischer Akzent, um glaubhaft italienisch Spaghetti zu bestellen und dafür zu sorgen, dass Chuckie erstmal verwirrt in der Speisekarte nachschaut, um sich zu vergewissern, was er nun bringen soll.
Wie schön ist es, danach das erleichterte Leuchten in seinen Augen zu sehen, wenn auf die Frage nach dem Getränk ein vertrautes "Viii-Biii" folgt (die Abkürzung für das heimische - "Victoria Bitter" genannte - Bier, wie ich letztes Jahr mühsam lernen mußte). Und gerade, als er anscheinend Luft holt, um noch irgendeine Nachfrage zu stellen, lächele ich noch ein "Grazie" hinterher - und Ruhe ist.
Nachher geh ich nochmal runter zum Spanier und bestell ne Portion "Jamon Serrano". Olé.