Freitag, Februar 04, 2005

Uiuiuiui...

da haben ein paar Leutchen hier unten aber etwas mehr Regen abbekommen, als ich mit meiner kleinen Pfuetze in Lakes Entrance. Gestern abend und heute morgen waren natuerlich alle TV-Sendungen voll mit dem "schlimmsten Unwetter seit Beginn europaeischen Besiedlung". Was man so sieht, war mein herrlicher Rueckenwind andernorts etwas rauher und hat in den Waeldern, durch die ich heute gefahren bin, auch ein paar Spuren hinterlassen. Allerdings ist es nicht zum Aeussersten gekommen - das erste Cricket-Finale zwischen Australien und Pakistan musste nicht abgesagt werden. Ich komme nachher also wieder in den Genuss meiner Lieblingssportart. Zu dumm, dass ich im Hotel kein Webzugang habe, sonst koennte ich wenigstens hier im Blog die Regeln nachlesen.
Im uebrigen hat das Unwetter hier ziemlich kuehle Temperaturen hinterlassen. Heute kam's mir so vor, als haette ich diese Bedingungen im Februar auch auf Mallorca haben koennen - vielleicht noch 15 Grad, leichter Niesel... baeh. Zum Warmhalten hab ich mir dann einen beinahe richtigen Berg vorgenommen - gute 450 Meter, sozusagen das "Dach der Tour".
Auf der anderen Seite dieses Berges sitze ich nun in Yarram. Wieder eine australische Kleinstadt, die sich vom Rest der Orte eigentlich nur durch die unglueckliche Position im Alphabet unterscheidet - und durch ein wirklich gutes Cafe schraeg gegenueber, in dem man nachmittags nach der Tour richtige Nudeln essen kann - was fuer eine Abwechslung nach den unzaehligen Weissbrot-Sandwiches und Burgern.
Bilder gibt's heute nicht. Ich hocke in der Stadtbuecherei und an diesen Rechnern ist nix mit USB-Stick oder sonstigem neumodischen Kram. Angesichts der Verbindungsgeschwindigkeit auch ganz gut so - wenn ich ueber diese Leitung auch noch Bilder hochladen will, ist das Wochenende rum... ausserdem gab's bei dem bescheidenen Wetter heute eh nix zu fotografieren. Vielleicht wird das am Wochenende besser und es gibt unterwegs eine Chance, was hochzuladen.
Spaetestens am Sonntag sollte was gehen. Wenn alles klappt, bin ich dann fertig - am suedlichen Stadtrand von Melbourne auf Phillip Island. Beruehmt fuer seine Pinguin-Kolonie. Mal schauen, ob ich einen leibhaftigen Pingu knipsen kann - ansonsten muesst Ihr halt selbst in den Zoo gehen.

Donnerstag, Februar 03, 2005

Gesamtdistanz bisher: 997km - Mist, ich glaub ich fahr nochmal um den Block...

Dabei sah's lange Zeit gar nicht nach einem erfolgreichen Tag aus, geschweige denn danach, dass ich heute tatsächlich schon in Sale sitze, gerade noch 200 Kilometer von Melbourne. Am ersten Tag in Lakes Entrance war ja noch alles Sonnenschein - blauer Himmel und jenseits der 35 Grad heiß. Auf dem Weg zurück vom Internet-Cafe mußte ich sogar zweimal im Schatten stehenbleiben und einfach nur die Augen zumachen, weil das Licht so grell war und ich Schlauberger meine Sonnenbrille im Hotel gelassen hab.

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Keine 24 Stunden später sah das ganze dann anders aus

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Man mag das ja kaum glauben, wenn der Wetterbericht von Schauern und Wolken spricht, während man bei 38 Grad in einem Zimmer ohne Klimaanlage liegt, aber tatsächlich gab's abends auf dem Weg zum Essen schon einen Sturm als ob der Wolf den kleinen Schweinchen die Bude über'm Kopf wegblasen will, und auf dem Heimweg war der Horizont im Westen eine einzige schwarze Wand.
Die Brücke auf den Fotos oben ist übrigens eine Spezialität von Lakes Entrance. Der Ort liegt, wie der Name schon sagt, an einem See, genauergesagt einer ganzen Seenplatte. Direkt vor dem Ort ist der See bloß rund 150 meter breit und dahinter liegt sowas wie ein Haff, Nehrung oder wie auch immer man das nennt - jedenfalls ein ganz schmaler Streifen Dünen und Wald von nicht mal 100 Metern und dahinter kommt das Meer. Da in Australien aber grundsätzlich in Strandnähe nicht gebaut werden darf, ist diese ganze Landzunge - von einem ausgseschilderten Trampelpfad abgesehen - komplett Wildnis und diese zwei Meter breite Holzbrücke ist der einzige Zugang zum Strand. Auf dem Foto sieht man rechts aussen ein Gebäude. Das ist (große Ausnahme) ein Cafe in Strandnähe und im Turm die Rettungswacht. Neben dem Cafe gibt's dann noch je zwei Damen- und Herren-Toiletten und sechs Mülleimer. Danach kommt nur noch endloser unberührter Strand.

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und zwar in beiden Richtungen

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Ziemlich endlos. Ich hab nicht nachgemessen, aber der Strand heißt 90 Mile Beach - vermutlich nicht ohne Grund. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, was auf dieser schmalen Holzbrücke an einem Wochenende während der großen Ferien los ist, wenn die geschätzten 20-30.000 Gästebetten plus Campingplätze von Lakes Entrance belegt sind - und schon gar nicht möchte ich mir vorstellen, was los wäre, wenn 15.000 deutsche und 15.000 englische Pauschaltouristen morgens auf dem Weg zum Strand die Brücke von Arnheim nachstellen...
Andererseits eine perfekte Konstruktion: Eine deutsch organisierte Kurtaxen-Kasse auf der Brücke würde einen Umsatz ungefähr in der Höhe des Staatshaushaltes von Zimbabwe garantieren...

Wie man merkt, hatte ich ein bißchen Zeit darüber nachzudenken. Kurz nachdem ich diese Fotos gemacht hatte, fing's richtig an zu regnen. Ungefähr eine Stunde hab ich unter einem kleinen Vordach gestanden und gewartet, dass es aufhört. Hörte es aber nicht. Also bin ich auf dem Weg ins Hotel ordentlich nass geworden und kaum mehr getrocknet. Es hat tatsächlich bis nach zehn Uhr abends geschüttet wie aus Eimern. Als es dunkel wurde hatte ich vor dem Motelzimmer ein Pfütze von 20 Metern länge und fünf Metern Breite. Entsprechend war weder an Internet-Cafe-Besuche noch an Abendessen zu denken. Gut, dass ich meinen Laptop dabei hab, sonst hätte ich vermutlich vor Langeweile versucht übern Parkplatz zu paddeln.

Heute morgen war ich dann eigentlich überhaupt nicht in Stimmung, irgendwo hin zu fahren. Es war immer noch bedeckt und lausekalt - keine 18 Grad (ja, ich weiß, nur echte Freunde können angesichts der Wetterlage daheim Mitleid aufbringen...) und windig. Ich bin dann unwillig los, um wenigstens die 35 Kilometer nach Bairnsdale zu fahren, wobei sich allerdings rausstellte, dass der Wind ganz praktisch aus Nordost kommt. In Bairnsdale hab ich dann mal flugs meine Route umgeplant, die Streckenplanung nach dem Wind ausgerichtet und danach so ziemlich die schnellsten 80 Kilometer meines Lebens verbracht.

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Erst konstant über 30, dann 35 und zeitweise über 40 Sachen bei völlig entspanntem Fahren und einer Autoverkehrsdichte von 0 (wenn innerhalb einer Stunde zwei Autos auf dieser Straße fahren, gilt das vermutlich schon als Stau).
Irgendwo auf halbem Weg hab ich ein Pärchen getroffen, die mit vollgepackten Rädern und Kinderanhänger gegen diesen Wind unterwegs waren - mein Gott, 50 Kilometer gegen diesen Sturm und in Bairnesdale ist die Beziehung am Ende und das Kind im Heim....
Die spannende Frage ist jetzt, wie entwickelt sich das mit dem Wind weiter - nach den heutigen Erfahrungen halte ich's mehr denn je mit der alten Kavalleristenweisheit: "Nur ein Rückenwind ist ein guter Wind", oder dem Wahlspruch der Shimano-Indianer: "Weht der Wind nicht dorthin, wohin Dein Herz Dich zieht - dann fahr halt mit dem Zug."

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Die Ortsnamen hier unten sind schon manchmal Schicksalhaft

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Man stelle sich mal vor, wieviele Einwohner von Traralgon auf ein paar Bier ins nächste Dorf gefahren sind und nie zurückkehrten, weil sie einfach dem Taxifahrer die Adresse nicht mehr sagen konnten...

Dienstag, Februar 01, 2005

Da Bloke is hedd'n fa Melb'rn onna pushy - poor Baastard

so sagt der Australier und frei übersetzt heißt es: "Der junge Mann fährt mit dem Fahrrad nach Melbourne - was für ein Held".

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Tatsächlich heißt das Fahrrad hier "Pushbike" oder kurz "Pushy" - vermutlich, weil es so viele Gelegenheiten gibt, wo schieben deutlich leichter und vernünftiger wäre, als hoch zu fahren... aber da ist man ja ehrgeizig.
Und dieser Ehrgeiz hat dazu geführt, dass ich der Wildnis wieder entronnen und ans Meer zurückgekehrt bin - nach Lakes Entrance, gut 250 Kilometer westlich von der letzten Meldung. Dazwischen gab's nicht nur keine Internet-Versorgung - ausser Wildnis gab's da eigentlich gar nichts.

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Hier kann man rechts und links der Strasse schon erkennen, dass da viel Platz für allerlei Getier ist. und siehe da: Ich hab denn auch endlich meine ersten Känguruhs gesehen. Am Straßenrand bloß ein ganz kleines, dass natürlich auch viel zu schnell weg war, als das ich die Kamera rechtzeitig rausgefummelt hätte. Dafür gibt's in Australien aber dankenswerterweise auch sehr serviceorientierte Känguruhs wie diese hier, die sich ordnungsgemäß ablichten lassen.

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Ich muß allerdings gestehen, dass dieses Bild ein bißchen geschummelt ist, da diese Känguruhs nur halb wild sind. Die wohnen auf einem Golfplatz südlich von Merimbula. Da es wohl aussichtslos war in dieser Gegend die Känguruhs von dem leckeren saftigen Gras fernzuhalten, hat sich der Club mit ihnen arrangiert und so gibt's da ausser Bunker, Wasser und sonstigen üblichen Golf-Hindernissen auch ein paar Dutzend Känguruhs, um die herumgespielt werden muß. Immerhin scheinen die Känguhs bislang die Pfoten von den Bällen zu lassen...
Ein paar Kilometer weiter habe ich dann das bereits mehrfach zitierte Eden besichtigt. Gut, ich hab den Garten nicht gesehen, aber besonders berauschend ist das Örtchen nicht gerade. Könnte sich in Zukunft aber ändern. Da Eden einer der wenigen Orte an der Küste mit einem richtig tiefen Hafen ist, soll demnächst das eine oder andere Kreuzfahrtschiff angelockt werden. Dann müsste allerdings noch ein bißchen Infrastruktur her - bislang ist das eher ein ödes Nest mit einem gigantischen Holzverladehafen.
Hinter Eden ist dann erstmal die Welt zuende. Bis zu meinem Tagesziel "Genoa" fast 50 Kilometer Busch mit einer einzigen Tankstelle unterwegs und der Grenze zwischen den Bundesstaaten New South Wales und Victoria.

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Natürlich hatte ich genau in der Mitte in dieser Einöde meinen zweiten Platten - warum passiert sowas nie gegenüber von einem netten Cafe, oder noch besser von einem Fahrradladen...
Genoa selbst war dann ein echtes Erlebnis. Wer "Crocodile Dundee" mal gesehen hat: Walkabout Creek ist gegen dieses Genoa die reinste Metropole. Ziemlich genau fünf Häuser, bzw. befestigte Unterstände direkt am Highway. Ein Pub mit angeschlossenem Motel... ok, Motel ist ein weiter Begriff... angeschlossenen Unterkünften wäre richtiger.
Als ich dann abends so an der Bar in Genoa saß, hab ich endlich mal versucht, die Frage aller Fragen zu klären, die sich immer wieder stellt, wenn man durch eine so entlegene Gegend fährt: "wovon leben die Menschen hier bloß?". Von den drei Mann an der Theke war einer echter "Local", die anderen beiden bloß zugezogene. Und der Kamerad neben mir erzählt allen ernstes, er lebe seit etwa einem Jahr in Genoa und sucht noch nach Arbeit. Bislang habe er erstmal ein Stück Land mit einem kleinen Häuschen gekauft und auf Vordermann gebracht. Aber mit seinem Kumpel - der nicht ganz so schnell das Bier runterkippen konnte - würde er jetzt ins Geschäft mit Holzschnitzereien einsteigen. Es dürfte aussichtsreicher sein, sich an dieser Bar einfach tot zu saufen.
Am Morgen danach hab ich mich dann erstmal kräftig erschreckt: Es war kalt wie Sau in der Sperrholzbude und draussen dichter Nebel mit Nieselregen.

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Gegen halb acht hab ich dann alles angezogen, was ich hatte und bin zu den geplanten 120 Kilometern aufgebrochen. Tatsächlich gab's dann eine Stunde später schon wieder Sonnenschein und wieder einen richtig heissen Tag. Ein heisser Tag mit reichlich Bergen übrigens. Allerdings allesamt sehr nett zu fahren. Hier in Victoria sind die Straßen wesentlich besser und die Steigungen angenehmer als in New South Wales. Und nach den Bergen gab es dann auch zum ersten mal richtig flaches Land zu sehen: East Gippsland.

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Benannt nach dem Entdecker Sir Reginald Gipps, der seinerzeit an Land ging und ausrief: "Hier gipps ja gar nix zu sehen". Wenn man nicht gerade versessen darauf ist, eine flache gerade Straße entlangzuradeln, ist die Gegend tatsächlich ein klein wenig enttäuschend.
Am Ende in Orbost sollte eigentlich erstmal Schluß sein und Ruhetag, denn so langsam tun die Beinchen doch ein bißchen weh. Allerdings war das nette Hotel in der "Innenstadt" von Orbost ausgebucht: Ein Stückchen weiter östlich an der Küste gibt's ein Buschfeuer und die Feuerwehr hat ihre Leute in dem Hotel einquartiert. Blieb für mich also nur das "Club-Hotel" ein Stück die Straße runter. Die bisher billigste Unterkunft, aber auch die verrottetste bude, die ich je gesehen hab. Ich wette, die würden die Zimmer auch stundenweise vermieten, wenn sie nur ansatzweise die entsprechenden Mädels überzeugen könnten, da zu arbeiten.
Unter diesen umständen hab ich dann den Ruhetag verschoben und bin heute früh die knapp 60 Kilometer hierher nach Lakes Entrance geradelt. Nach fast 300 Kilometern wieder ein Blick auf's Meer.

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Lustiger Ort. Der Name kommt daher, dass hier die Einfahrt vom Meer in ein weit über 100 Kilometer langes Seensystem ist. Der Ort selber ist ein langgestrecktes Touristenzentrum auf einer Insel und natürlich mit Booten vollgestellt bis obenhin. Netter Platz, um mal einen Tag den Hintern ruhen zu lassen und dann weiter Richtung Westen zu radeln. Auf direktem Weg sind's gerade noch etwas mehr als 300 Kilometer nach Melbourne. Aber da noch so viel Zeit ist, werde ich morgen mal in Ruhe planen, wie's weiter geht. Vermutlich entlang der Küste bis Phillips Island (da soll's richtige Pinguine geben) und hinterrücks von der anderen Seite nach Melbourne rein... von da, wo sie mich nicht erwarten!

...wo wir gerade bei einheimischen Schicksalen sind

Neulich mittags auf dem Highway hab ich mich mit einer Baustellenampel unterhalten. Da wo auf deutschen Landstraßen schlichte Baustellenampeln stehen, machen es die Australier wie die Amerikaner: Da steht ein Typ mit einem Schild: Auf der einen Seite "Stop", auf der anderen Seite "Slow". Ausgerüstet ist er ausserdem mit einem Funkgerät, damit er sich mit einem Ampelmännchen-Kollegen am anderen Ende der Baustelle absprechen kann.
Nun zeigte der Kamerad gerade seine "Stop"-Seite, als ich angeradelt kam. Brav angehalten, freundlich gegrüsst und die übliche Konversation geführt: "WokommsteherwofährstehinwielangeschoninAustralien..." Dabei quäkt seine Funke und das andere Ampelmännchen berichtet, welche Autos bei ihm gerade durchfahren. Die beiden funken ein bisschen hin und her, als gelte es, den entscheidenden Schlag gegen das Hauptquartier von Osama bin Laden vorzubereiten, dann kommt von der anderen Seite die entscheidende Mitteilung: "Das letzte Auto war ein Commodore". Gespannt blicken wir beide in Richtung Baustelle. Schließlich kommen vier Autos durch die Baustelle gefahren. Als letztes ein graues, von dem ich einfach schon mal angenommen hab, es dürfte ein Commodore gewesen sein - wo soll der sonst abgeblieben sein. Mein Ampelmännchen schaut sehr ernst, greift dann zu seinem Funkgerät: "Der Commodore, war der grau?" "Ja, grau", schallt es von gegenüber. Das Ampelmännchen verscheucht noch kurz ein paar Fliegen, dreht dann sein Schild von "Stop" auf "Slow" und winkt mich und ein Auto freundlich durch. Etwa 500 Meter weiter ist die Baustelle zuende und ich winke auch dem zweiten Ampelmännchen freundlich zu. - Und überlege kurz, was die zwei wohl machen, wenn sie Feierabend haben. Oder was sie sagen, wenn sie nach Hause kommen und Sally, Alice, Lucy oder wie auch immer fragt: "Schatz, wie war Dein Tag?" "54 Commodores und ein verrückter Deutscher auf einem Fahrrad".