Donnerstag, Februar 03, 2005

Gesamtdistanz bisher: 997km - Mist, ich glaub ich fahr nochmal um den Block...

Dabei sah's lange Zeit gar nicht nach einem erfolgreichen Tag aus, geschweige denn danach, dass ich heute tatsächlich schon in Sale sitze, gerade noch 200 Kilometer von Melbourne. Am ersten Tag in Lakes Entrance war ja noch alles Sonnenschein - blauer Himmel und jenseits der 35 Grad heiß. Auf dem Weg zurück vom Internet-Cafe mußte ich sogar zweimal im Schatten stehenbleiben und einfach nur die Augen zumachen, weil das Licht so grell war und ich Schlauberger meine Sonnenbrille im Hotel gelassen hab.

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Keine 24 Stunden später sah das ganze dann anders aus

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Man mag das ja kaum glauben, wenn der Wetterbericht von Schauern und Wolken spricht, während man bei 38 Grad in einem Zimmer ohne Klimaanlage liegt, aber tatsächlich gab's abends auf dem Weg zum Essen schon einen Sturm als ob der Wolf den kleinen Schweinchen die Bude über'm Kopf wegblasen will, und auf dem Heimweg war der Horizont im Westen eine einzige schwarze Wand.
Die Brücke auf den Fotos oben ist übrigens eine Spezialität von Lakes Entrance. Der Ort liegt, wie der Name schon sagt, an einem See, genauergesagt einer ganzen Seenplatte. Direkt vor dem Ort ist der See bloß rund 150 meter breit und dahinter liegt sowas wie ein Haff, Nehrung oder wie auch immer man das nennt - jedenfalls ein ganz schmaler Streifen Dünen und Wald von nicht mal 100 Metern und dahinter kommt das Meer. Da in Australien aber grundsätzlich in Strandnähe nicht gebaut werden darf, ist diese ganze Landzunge - von einem ausgseschilderten Trampelpfad abgesehen - komplett Wildnis und diese zwei Meter breite Holzbrücke ist der einzige Zugang zum Strand. Auf dem Foto sieht man rechts aussen ein Gebäude. Das ist (große Ausnahme) ein Cafe in Strandnähe und im Turm die Rettungswacht. Neben dem Cafe gibt's dann noch je zwei Damen- und Herren-Toiletten und sechs Mülleimer. Danach kommt nur noch endloser unberührter Strand.

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und zwar in beiden Richtungen

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Ziemlich endlos. Ich hab nicht nachgemessen, aber der Strand heißt 90 Mile Beach - vermutlich nicht ohne Grund. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, was auf dieser schmalen Holzbrücke an einem Wochenende während der großen Ferien los ist, wenn die geschätzten 20-30.000 Gästebetten plus Campingplätze von Lakes Entrance belegt sind - und schon gar nicht möchte ich mir vorstellen, was los wäre, wenn 15.000 deutsche und 15.000 englische Pauschaltouristen morgens auf dem Weg zum Strand die Brücke von Arnheim nachstellen...
Andererseits eine perfekte Konstruktion: Eine deutsch organisierte Kurtaxen-Kasse auf der Brücke würde einen Umsatz ungefähr in der Höhe des Staatshaushaltes von Zimbabwe garantieren...

Wie man merkt, hatte ich ein bißchen Zeit darüber nachzudenken. Kurz nachdem ich diese Fotos gemacht hatte, fing's richtig an zu regnen. Ungefähr eine Stunde hab ich unter einem kleinen Vordach gestanden und gewartet, dass es aufhört. Hörte es aber nicht. Also bin ich auf dem Weg ins Hotel ordentlich nass geworden und kaum mehr getrocknet. Es hat tatsächlich bis nach zehn Uhr abends geschüttet wie aus Eimern. Als es dunkel wurde hatte ich vor dem Motelzimmer ein Pfütze von 20 Metern länge und fünf Metern Breite. Entsprechend war weder an Internet-Cafe-Besuche noch an Abendessen zu denken. Gut, dass ich meinen Laptop dabei hab, sonst hätte ich vermutlich vor Langeweile versucht übern Parkplatz zu paddeln.

Heute morgen war ich dann eigentlich überhaupt nicht in Stimmung, irgendwo hin zu fahren. Es war immer noch bedeckt und lausekalt - keine 18 Grad (ja, ich weiß, nur echte Freunde können angesichts der Wetterlage daheim Mitleid aufbringen...) und windig. Ich bin dann unwillig los, um wenigstens die 35 Kilometer nach Bairnsdale zu fahren, wobei sich allerdings rausstellte, dass der Wind ganz praktisch aus Nordost kommt. In Bairnsdale hab ich dann mal flugs meine Route umgeplant, die Streckenplanung nach dem Wind ausgerichtet und danach so ziemlich die schnellsten 80 Kilometer meines Lebens verbracht.

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Erst konstant über 30, dann 35 und zeitweise über 40 Sachen bei völlig entspanntem Fahren und einer Autoverkehrsdichte von 0 (wenn innerhalb einer Stunde zwei Autos auf dieser Straße fahren, gilt das vermutlich schon als Stau).
Irgendwo auf halbem Weg hab ich ein Pärchen getroffen, die mit vollgepackten Rädern und Kinderanhänger gegen diesen Wind unterwegs waren - mein Gott, 50 Kilometer gegen diesen Sturm und in Bairnesdale ist die Beziehung am Ende und das Kind im Heim....
Die spannende Frage ist jetzt, wie entwickelt sich das mit dem Wind weiter - nach den heutigen Erfahrungen halte ich's mehr denn je mit der alten Kavalleristenweisheit: "Nur ein Rückenwind ist ein guter Wind", oder dem Wahlspruch der Shimano-Indianer: "Weht der Wind nicht dorthin, wohin Dein Herz Dich zieht - dann fahr halt mit dem Zug."

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