Sonntag, Februar 06, 2005

Ist das nicht total langweilig, stundenlang auf dem Fahrrad zu sitzen?

Das haben sich doch bestimmt schon einige gefragt. Zugegeben: Vier, fünf, manchmal sechs Stunden auf dem Rad sind nicht immer prickelnd. Vor allem, wenn manchmal die nächste Kurve schon zu sehen, aber noch eine knappe halbe Stunde entfernt ist. Andererseits hat man da mal Zeit, sich mit den wichtigen Dingen im Leben zu beschäftigen. Naturwissenschaften zum Beispiel. An einem der ersten Tag bin ich losgefahren und dachte noch: "Mist, den ganzen Tag Richtung Süden, da wird Dir ganz schön die Sonne auf die Mütze braten." Irgendwann unterwegs schrecke ich hoch: Die Sonne kommt von hinten - ich fahre in die falsche Richtung. Das GPS behauptet aber, die Richtung stimmt. Ich hab dann nur etwa zehn Minuten rumgegrübelt, um dem Phänomen auf die Spur zu kommen. Der fleissige Maus-Zuschauer weiß es längst: Ich bin ja auf der Südhalbkugel, wo die Sonne mittags bekanntlich im Norden steht. Gut, dass man beim Radfahren hier einen Helm tragen muß. Da kann man sich bei solchen Erkenntnissen ungefährdet an die Stirn schlagen.
Eine gute Beschäftigung ist auch Mathematik. Schließlich muß man immer kalkulieren, wie lange man noch unterwegs ist, um auch unter ungünstigen Bedingungen rechtzeitig das Tagesziel zu erreichen. Auf dem Weg von Genoa nach Orbost durch die Berge kam ich relativ früh an einen ewig langen, steilen Anstieg, das Tempo gerade noch knapp über zehn km/h. Ich hab dann nachgerechnet, was passiert, "wenn das so weitergeht". Beruhigt habe ich ausgerechnet, dass ich die verbleibenden 50 Kilometer bis zum nächsten Ort trotzdem noch in fünf Stunden schaffen kann, somit Zeit für ein paar Pausen habe und trotzdem sicher vor Einbruch der Dunkelheit da sein kann. Beim zweiten Nachrechnen ist mir dann aufgefallen, dass bei geschätzten zehn Prozent Steigung der besagte Ort auf ungefähr 5000 Meter Höhe liegen müßte, "wenn das so weitergeht" - was nach allem, was man bislang über Australien weiß doch eine ziemliche Überraschung wäre.
Zusammenfassend muß man vermuten, dass die gern gehörte Theorie, körperliche Betätigung befördere die Hirntätigkeit, nur sehr eingeschränkt gilt...

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