Sonntag, Februar 06, 2005

Australische Küche

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Der Amerikaner - das weiß man - hat im Laufe seiner viel zu kurzen Evolutionsgeschichte die Fähigkeit verlernt, aus Kartoffeln irgendetwas anders zu fertigen, als Pommes Frites. Ganz anders als wir Europäer - zweifelsfrei die unbedingte Krönung der Schöpfung - wir beherrschen Dinge wie Salzkartoffeln, Pellkartoffeln, Bratkartoffeln, ganz zu schweigen von der Kunst des Kartoffeldrucks. Als der kleine Gutenberg damals in der Vorschule... aber ich schweife ab.

Der Australier nun hat sich die gemeine Fritte als eher exotische Zubereitungsart erhalten - ganz britisch hier "Chips" genannt. Der natürliche Zustand der australischen Kartoffel ist dagegen das Kartoffelpüree. "Mash" gibt es zu jeder Gelegenheit. Steht nichts weiter auf der Karte, kann man davon ausgehen, dass es grundsätzlich zu jeder Mahlzeit "Mash" gibt. Zum Steak, zum Schnitzel, sogar zu Lasagne. Obendrein wird auch noch alles tatsächlich "auf" dem Püree serviert, so dass das Steak beim Schneiden unweigerlich darin versinkt.

Neulich habe ich mir als Ur-Australische Spezialität "Bangers and Mash" bestellt: Bratwürstchen mit Kartoffelpüree. Fehlt nur noch Sauerkraut und wir haben das Originalrezept vom Räuber Hotzenplotz, kurz bevor er Seppels Großmutter vernascht.

Immerhin verwendet der Australier eine gewisse Liebe auf sein Kartoffelpüree. Da sind schon mal Kräuter drin, oder ein Hauch von Kartoffelstückchen, oder Speck - gelegentlich sogar Geschmacksstoffe. Jedenfalls endet die Liebe gar zu häufig beim Kartoffelpüree. Das Steakfleisch ist eher gut durchgebraten als gut durchwachsen.

Wirklich in den Olymp der australischen Cuisine dringt aber nur der ganz Wagemutige vor, der Frühstück im Motel bestellt. Arg- und ahnungslos habe ich an einem der ersten Tage morgens "Spaghetti auf Toast" bestellt - in der Annahme, Nudeln seien ein gutes Radfahrerfrühstück. Angesichts der Masse, die ich da auf dem Teller hatte, wurden wehmütige Erinnerungen an Seveso wach. Entweder hatte die Dose schon 20.000 Jahre in einem unterirdischen Zwischenlager verbracht, oder muß noch 20.000 Jahre lagern, bis der Ekelfaktor soweit abgeklungen ist, dass das Ganze nur noch krebserregend ist.

Nicht ohne Reiz ist auch der Versuch, mittags eine Kleinigkeit zu essen. Man verfällt beim Radfahren in der Sonne ja so leicht in mediterrane Schwärmereien und träumt von schattigen Terrassen, auf denen diverse Köstlichkeiten zu kühlem Bier oder Weißwein gereicht werden. Wie schön ist es da, an das einfache Leben erinnert zu werden, wenn es wackelige Plastikstühle und die Auswahl zwischen Weißbrotsandwiches und Weißbrotburgern gibt - und Cola aus der Plastikflasche den Gipfel der Dekadenz markiert.

Jeder bessere Reiseführer weiß zu berichten, dass die australische Küche eine reizvolle Mischung aus europäischen und asiatischen Einflüssen ist. Auf dem Land bedeutet das, dass neben "Harry's Fish & Chips" "Mr. Wong's Chinese Take away or Dine in"-Restaurant ist. Oder dass auch der Chinese das Schweinefleisch süß-sauer auf Kartoffelpüree serviert.

Ganz anders sieht das aus, kommt man erstmal in den Dunstkreis von Sydney oder Melbourne: Da findet man tatsächlich die Küche, die der Reiseführer verspricht. Restaurants, die nicht bloß ein guter Italiener, Chinese oder Araber sind, sondern spannende Sachen kreuz und quer zusammenkochen - und einen mit dem ganzen Kartoffelpüree-Kontinent versöhnen.