Nachtrag: Das St. Kilda Festival
Was für ein Aufruhr. Irgendwas zwischen Christopher Street Day, Love Parade und Hamburger Hafengeburtstag - oder eben die Kombination aus allem. Ich würde mal tippen, eine knappe halbe Million Leute haben die hier auf die Füsse gebracht mit einer Party, bei der der ganze Stadtteil mitmacht.
Praktisch alle Strassen im Viertel sind gesperrt und randvoll mit Menschen. Einzig die eine oder andere Strassenbahn versucht noch ein bißchen Linienverkehr zu machen. Dieses Museumsstück fährt tatsächlich noch - an normalen Tagen sogar im Regelbetrieb.
Aber machen Sie sich keine Sorgen, es kann nichts passieren, denn Sie befinden sich in einer "Safety Zone".
Das Ganze übrigens ausgestattet mit ein paar riesigen Plakaten: "Kein Glas, kein Alkohol - ein sauberes St. Kilda Festival". Das bedeutet: Gott segne den, der rechtzeitig Aktien der Carlton Brauerei oder irgendeiner Aluminium-Fabrik gekauft hat, denn "Victoria Bitter" in Dosen ist das Gebot der Stunde. Ausserdem dürfen natürlich die "licensed" Kneipen weiterhin Alkohol ausschenken. Entsprechend haben die alle ihr Stückchen Straße eingezäunt und pumpen Bier und Sekt was die Leitungen hergeben. Und an jeder Biergartenpforte steht ein Security-Onkel, der aufpasst, dass keiner allzu auffällig sein Bier rausschleppt und kein allzu Besoffener reinkommt. Das reicht immerhin aus, um die übelsten Alkohol-Ausfälle zu verhindern. Andererseits ist es auch erst sieben - lassen wir's mal dunkel werden und gucken dann weiter. - Das Oberkommando meiner Rucksackburg hat immerhin vorsichtshalber schon mal das Hoftor verbarrikadiert...
Wer nicht ausschliesslich zum Feiern da ist, verdient sich seine sechs Dollar pro Dose mit fröhlichem Straßentheater. Das hier zum Beispiel meint Sabrina aus Pirmasens, wenn sie ihrer Mutti schreibt: "Es läuft toll in Australien, ich hab jetzt sogar schon meine eigene Tanz-Show".
Und was anderswo "sozialer Wohnungsbau" heißt, geht hier auch als Kunst durch
Die Krönung aber ist die Vorstellung in meiner Lieblingskneipe gegenüber. Da ist heute den ganzen Tag Karaoke. Wer noch stehen kann macht sich auf der Bühne zum Heinz - seid froh, dass ich nur eine Kamera und nicht auch noch ein Mikrofon dabei hab. Und nein: ich habe nicht gesungen und ich werde auch nicht singen - ich kann ja noch stehen :-)
...
Ja noch. Jetzt ist es zehn und ich war noch mal kurz drüben im "St. K Inn"
100.000 Australier voll wie tausend Russen. Malte und Rebecca nicht so, denn die Wollsocken-aus-dem-Rucksack-Fraktion sitzt unten im Aufenthaltsraum und diskutiert irgendwie den Weltfrieden oder sowas. Der Rest der südlichen Hemisphäre feiert Dauerparty.
Der Verein ist ebenso besoffen wie friedlich und reißt sich geradezu darum, sich auf der Kraoke-Bühne zum Affen zu machen. Mein Mitleid gebührt dem Thekenpersonal, die den ganzen Tag schon Vorführungen wie dieser Denkwürdigen Version von "Georgia on my mind" lauschen müssen.
Das muss man ihnen lassen: Die Damen und Herren feiern hier, ohne dass sie nennenswert unangenehm werden. Gut, beim Mann an sich schlägt natürlich nach zwölf Bier das steinzeitliche Reiz-Reaktionsschema ein bißchen durch, aber im Wesentlichen ist das alles sehr freundlich
Irgendwie kann ich mir nur nicht recht vorstellen, dass ich morgen eine sonderlich große Ausfahrt unternehmen werde
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